Ein schwerer Jäger für die Bundesluftwaffe

 

Startseite

Zurück

Mit der Änderung des strategischen Konzepts der NATO im Jahre 1967 von der „Massiven Vergeltung“ zur „Angemessenen Reaktion“ verlagerte sich der Aufgabenschwerpunkt der Luftwaffe nicht nur bei den Aufklärern. Die Erringung der Luftüberlegenheit und die Unterstützung der Landstreitkräfte mit konventionellen Mitteln machte die Einführung eines Nachfolgers für die F-104 „Starfighter“ in der Jagdrolle unumgänglich. Als Punktverteidiger gedacht, mit einem einfachen Radar ausgerüstet und mit ungenügender Reichweite und Wendigkeit versehen, wurde die F-104G den steigenden Anforderungen an Luftüberlegenheits- und Tagjagd nicht mehr gerecht. Letztlich war man gezwungen, gerade im Hinblick auf den technischen Fortschritt in allen Gebieten der Luftverteidigung, einen Ersatz zu finden. Der damalige Inspekteur der Luftwaffe stellte folgende Forderungen an das neue Jagdflugzeug, welches als Zwischenlösung bis zur Einführung des MRCA Tornados 12-15 Jahre seinen Dienst leisten sollte:
  1. Schnelle Verfügbarkeit. Da die Luftwaffe für die Umrüstung von vier Geschwadern eine Zeitdauer von 3 Jahren ansetzte, musste das Flugzeug ab 1974 zum Einsatz bereit stehen. Das Risiko eines verminderten Klarstandes bis 1977 galt es unter allen Umständen zu vermeiden.
  2. Rückgriff auf ein nicht völlig neues Waffensystem. Ein technisches und finanzielles Risiko musste unter allen Umständen ausgeschlossen werden.
  3. Notwendigkeit einer NATO-Querversorgung. Das neue Flugzeug musste auch mit Ersatzteilen aus europäischer Produktion versorgt, bzw. auch auf Flugplätzen der Bündnispartner gewartet werden können.
  4. Einführung eines Flugzeuges zweiter Generation. Als Muss sah man die Eignung zur Luftüberlegenheit an. Der einzuführende Jäger musste so wendig sein, dass er dem zu erwartenden Gegner (damals der MIG-21) im unteren und mittleren Luftraum überlegen sein würde.
  5. Allwetternavigationsfähigkeit. Die Maschine sollte bei jedem Wetter an seinem Bestimmungsort (Einsatz-/ Übungsgebiet, bzw. einem fremden Flugplatz) ankommen, aber nicht im schlechten Wetter kämpfen.
  6. Sicherheit durch zwei Triebwerke. Die Auswirkungen der Starfighter-Krise waren noch deutlich zu spüren, in der die Luftwaffe mehr als 250 Kampfflugzeuge verlor.
  7. Abstützung auf vorhandene Logistik. Als Ziel galt es, die Kosten bei der zu erwartenden Anschaffung von drei neuen Kampfflugzeugen innerhalb von 10 Jahren zumindest bei einem neuen Muster möglichst gering zu halten.
 

Das Jagdgeschwader 71 „Richthofen“ war der erste Verband, der die F-4 für den Einsatzbetrieb erhielt. Nach ihm folgte das JG 74 „Mölders“ und das Jagdbombergeschwader 36, als letzter Verband das JaboG 35. Der Weg der Phantom führte jedoch nicht direkt in die fliegenden Einheiten. Wie bei der RF-4E erachtete man es als notwendig, eine Einrichtung zu schaffen, die die Übergabe der F-4F an die Luftwaffe technisch betreute. Nach den guten Erfahrungen mit der Einführung der RF-4E, wurde das Luftwaffenversorgungsregiment 6 wieder mit der Durchführung beauftragt, deren Aufgabenstellung der RF-4 Schleuse in Bremgarten ähnelte:

  1. Übernahme der Flugzeuge und Abwicklung der Zollformalitäten
  2. Durchführung von Reparaturen, Nachflug- und Übernahmeinspektionen
  3. Überprüfung der Ausrüstung und des Bauzustandes
  4. Änderung der Außenbeschriftungen vom Englischen ins Deutsche
  5. Tausch der US-Schleudersitze Martin Baker MK-H7 gegen MK-GH7A
  6. Einarbeitung laufender technischer Änderungen

Der Einsatz der Schleuse F-4F begann am 01.12.1973 und endete am 01.10.1976 mit der Abgabe der letzten F-4 „Spirit of Cooperation“ an das JaboG 35. Danach integrierte man die F-4F Schleuse in die Phantom-Werft des Luftwaffenversorgungsregiments 6, welche Mitte der 70er Jahre in Luftwaffenwerft 62 umbenannt wurde. Seit dem 01. Juli 2002 versieht es als Luftwaffeninstandhaltungsgruppe 21 unter der Führung des Luftwaffeninstandhaltungsregiments 2 in Diepholz seinen Dienst. Im Gegensatz zur RF-4E-Beschaffung gelang es der Logistik, bereits vor Vertragsabschluß wichtige Forderungen mit der USAF zu klären. Von Vorteil dafür waren die nur geringen, technischen Abweichungen der F-4F zur F-4E, was sich als besonders positiv auf die Erstellung der Handbücher, Teilekataloge und technischen Vorschriften auswirkte. Ferner hatte die Luftwaffenführung bereits aus den Problemen der Infrastrukturmaßnahmen in Leck und Bremgarten gelernt. So verlief die Einführung der Jagdvariante der Phantom II in die Bundesluftwaffe verhältnismäßig reibungslos und konnte 1976 mit der Abgabe der letzten F-4F an das JaboG 35 abgeschlossen werden.

Text: AirDoc / Fotos: Boeing Aircraft Company

In die engere Auswahl kamen die British Aerospace „Jaguar“, Schwedens Saab „Viggen“, Frankreichs Dassault Mirage F1, die Northrop F5 „Tiger“ und P530 sowie die McDonnell Douglas F-4F der USA. Von diesen Flugzeugen erfüllte jedoch lediglich die F-4F die gestellten, taktischen Spezifikationen wie Reichweite, Zuladung und Wendigkeit.

Ursprünglich war die F-4F von der deutschen Luftwaffe als Einsitzer gefordert worden. Davon ging man jedoch schnell wieder ab, da ein notwendiges Umrüstungsprogramm für ein sich in der Produktion befindliches Kampfflugzeug (F-4E) und dessen Erprobung den vorgesehenen finanziellen Rahmen von 4 Milliarden DM gesprengt hätte. Nach Abschluss aller Verfahren beschloss der Verteidigungsausschuss des Bundestages am 24. Juni 1971 die Beschaffung von 175 Kampfflugzeugen des Typs McDonnell Douglas F-4F „Phantom II“ zu einem damaligen Stückpreis von umgerechnet 12 Mio. DM. Die erste F-4F wurde noch allein von McDonnell Douglas gefertigt. An den folgenden Einheiten war jedoch die deutsche Industrie, wie auch bei der RF-4E, nicht unwesentlich beteiligt. Der Produktionsumfang belief sich auf die Zulieferung von Unterkomponenten wie z.b. dem Rumpfheck inklusive der Stabilisatoren, Fahrwerkstore, Außenflügel und Querruder, die man, unter anderem, bei MBB in Augsburg montiert und wieder nach St. Louis lieferte, wo dann die Komplettierung aller weiteren 174 F-4F erfolgte. Der Erstflug der F-Variante der Phantom II fand schon am 18. März 1973 statt, der offizielle „Roll out“ jedoch erst am 24. Mai des gleichen Jahres. Die Luftwaffe verlegte acht Maschinen kurz darauf zur 35. TFW in George, Kalifornien. Hier begann am 01.Januar 1974 mit den ersten Luftfahrzeugbesatzungen des Jagdgeschwaders 71 „Richthofen“ die Ausbildung der Luftwaffenpiloten. Die Flugzeuge besaßen zwar deutsche Tarnbemalung (Norm 72), wurden aber mit amerikanischen Hoheitsabzeichen geflogen. Damit diese Trainingsmaschinen möglichst schnell ihren Dienst auch in Deutschland aufnehmen konnten, schaffte die Luftwaffenführung für die Pilotenausbildung zehn neue F-4E an, die das BMVg der 35. TFW zur Schulung zur Verfügung stellte, wo sie bis zu ihrer Außerdienststellung im Jahre 1997 in den Vereinigten Staaten verblieben. Eine einzige F-4F versah bis 1982 ihren Dienst in Amerika. Sie wurde beim „USAF Systems Command“ als Versuchsträger für in F-4F zum Einbau kommender Technologie verwendet. Die erste F-Version die in Deutschland landen sollte, war nicht für den fliegerischen Einsatz vorgesehen. Die Maschine mit der taktischen Kennung 37+04 übergab man der in Kaufbeuren ansässigen Technischen Schule der Luftwaffe.